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Den Nachfolgeprozess erfolgreich gestalten

Ein Beitrag von Martina Sandrock. 

Wie gelingt es mir, mein Unternehmen erfolgreich an einen externen Nachfolger zu übergeben? Was kann ich als Nachfolger tun, um meinen Einstieg in ein Familienunternehmen zum Erfolg zu führen? Was sind die wichtigsten Aufgaben für einen gelungenen Stabwechsel?

Viele Unternehmer und deren Nachfolger beschäftigt dieses Thema intensiv und nicht zu Unrecht: So manche vermeintlich gut geplante Übergabe scheitert und verursacht neben Frust, Enttäuschung und Zweifel auch erhebliche Kosten – Geld, das im Unternehmen dringend an anderer Stelle gebraucht wird.

„Es bedarf eines ausreichenden zeitlichen Vorlaufs, damit die einzelnen Schritte gründlich vorbereitet und strukturiert umgesetzt werden können“ bekommen viele Unternehmer in dieser Situation als wichtigste Regel mit auf den Weg.

„Halte Dich zurück, höre erst einmal zu, versuch nicht, alles gleich anders zu machen!“ sind die wohlgemeinten Ratschläge, die der Nachfolger bekommt.

Und so werden gut gemeinte Pläne gemacht und Vorhaben formuliert, die sich häufig jedoch in der Realität überhaupt nicht bewähren. Woran liegt’s?

Wie so oft trägt nicht nur die eine, sondern beide Seiten gleichermaßen ihren Teil zum Misslingen bei – der Unternehmer wie auch der gründlich ausgesuchte Nachfolger.

Im Folgenden möchte ich beide Partner für die aus meiner Erfahrung wesentlichen Ursachen des Scheiterns sensibilisieren. Und für die notwendige Offenheit und die Planung konsequenter Maßnahmen motivieren.

Kernthemen für den Unternehmer

1. Unternehmer überschätzen die Zukunftsfähigkeit ihres Unternehmens.

Oft entscheidet sich ein Unternehmer, seine eigene Nachfolge erst dann zu regeln, wenn er der Meinung ist, dass sein Haus genügend gut aufgestellt ist. Mit den sich beschleunigenden und immer komplexer werdenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen heißt eine zufriedene Status-Einschätzung aber noch lange nicht, dass das Unternehmen auch für die Zukunft gerüstet ist. Dass der Nachfolger nur einfach „weiter so“ machen muss.

  • Akzeptieren Sie, dass Ihr Nachfolger die relevanten Fragen stellt: Ist das Geschäftsmodell auch weiterhin zukunftsfähig? Sind die Mitarbeiter auch weiterhin die „richtigen“? Ist die aktuelle Unternehmens- und Führungskultur geeignet, das Unternehmen auch durch die nächsten Dekaden zu führen?
  • Begreifen Sie diesen Prozess des Hinterfragens nicht als persönliche Kritik, sondern als ein professionelles und zielgerichtetes Vorgehen, um den Erfolg Ihres Unternehmens auch weiterhin zu gewährleisten.

2. Unternehmer unterschätzen den Wert des „Blicks von außen“, die bewährten Erfahrungen und Arbeitsweisen des auserwählten Nachfolgers.

„Den Stab übergeben“ heißt für viele Unternehmer nicht, sich aus dem operativen Geschäft ganz zurückzuziehen. Jeden Tag werden Entscheidungen getroffen, wo man auch weiterhin doch immer noch ein Wörtchen mitreden will.

  • Denken Sie einmal an die letzte Diskussion mit einem Ihnen vertrauten Geschäftspartner. Hat er Sie mit seiner unterschiedlichen Meinung über ein Thema nicht bereichert? Ihnen neue Perspektiven

eher ungewohnte Arbeitsweisen zu gewöhnen. Denn ohne den Unternehmer an Bord wird die Führungsebene wichtige Entscheidungen eher im Gremium treffen und dabei viel mehr als der Unternehmer Zahlen, Daten, Fakten einfordern. Mehr Transparenz, Offenheit und Miteinander sind gefragt. Und längere Vorlaufprozesse. Auch die Ihnen und den Mitarbeitern wichtigen Unternehmens-Feiern werden nach Ihrem Ausscheiden ein Stück weit anders verlaufen als bisher – auch wenn Sie weiterhin Präsenz zeigen.

  • Weisen Sie bei Ihrer Stabsübergabe auch dem „Abnabelungsprozess“ aller Mitarbeitern einen hohen Stellenwert zu. Nehmen Sie sich Zeit für persönliche Gespräche und mentale Begleitung.
  • Lassen Sie es zu, dass im gesamten Unternehmen dank der neuen Führungskonstellation neue Prozesse und Strukturen entwickelt und umgesetzt werden. Und dass mehr Abstimmungsprozesse und damit auch mehr Meetings zwischen allen Mitarbeitern notwendig werden. Mitarbeitern werden neue Arbeitsweisen und ein deutlich analytischeres Argumentieren abverlangt. Je gründlicher sie darauf vorbereitet und auch von Ihnen persönlich dazu ermutigt werden, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit des Gelingens.

Kernthemen für den Nachfolger

1. Nachfolger unterschätzen die Wichtigkeit einer professionellen Inthronisation durch den Unternehmer

In vielen Unternehmen ist die Stabsübergabe voll und ganz auf den Abschied des Unternehmers konzentriert. Die Kommunikation, die offiziellen Feiern mit Kunden, Geschäftspartnern und Mitarbeitern – alles dreht sich um den scheidenden Unternehmer. Warum der Nachfolger ausgesucht wurde, welche Erfahrungen und Kompetenzen er mitbringt und mit welcher Mission er an den Start gehen soll, bleibt häufig unausgesprochen.

  • Fordern Sie ein, dass in der internen und externen Nachfolge-Kommunikation Ihre persönliche Vorstellung und die Bekundung des Unternehmers, dass er sie gründlich ausgesucht hat und Ihnen jetzt vertrauensvoll die Verantwortung übergibt, mindestens den gleichen Stellenwert haben.
  • Idealerweise einigen Sie sich schon vor Ihrer Inthronisation auf die Prioritäten und bitten den Unternehmer, diese allen Stakeholdern bereits aus seinem Munde und aus seiner Feder mitzuteilen.

2. Nachfolger überschätzen ihre bisher erworbenen Erfahrungen und Kompetenzen

Sind die ersten Wochen und Monate im Unternehmen

  • Zu oft wurden diese Pläne zwar geschrieben, der Unternehmer sah sich jedoch nicht wirklich daran gebunden. Vielleicht, weil er die Dimension in dem Moment nicht korrekt eingeschätzt hat oder weil ihm gar nicht klar war, dass eine Besprechung des Plans und wenige Kommentare seinerseits von Ihnen als grünes Licht verstanden wurde.

3. Nachfolger unterschätzen die Bedeutung, für die Personalabteilung im Unternehmen direkt verantwortlich zu sein

So mancher Unternehmer sieht die Personalarbeit auch heute noch eher als eine administrative Arbeit, dessen Verantwortung der Unternehmenslenker besser an die „Experten“ überträgt. Somit kann es sein, dass auch Ihnen die Verantwortung für diesen Bereich nicht direkt übertragen wird. Gerade in Zeiten des Chefwechsels und aller Veränderungs-Maßnahmen, die Sie als neuer Chef initiieren werden, ist Ihre persönliche Verantwortung für die Personalabteilung jedoch ein enorm wichtiger Schlüssel.

  • Ihr Start wird in den meisten Fällen einhergehen mit einem Unternehmens- und Führungskulturwandel, um das Unternehmen zukunftsfähig aufzustellen. Dafür benötigen Sie den direkten „Zugriff“ auf die Personalabteilungs-Führung und deren Mitarbeiter als die Organisatoren und Koordinatoren des vorgesehenen Wandels.
  • Begeistern Sie sie für diese Schlüssel-Aufgabe und entwickeln Sie sie zu Ihren Botschaftern.

Mit dem Fokus auf Fehleinschätzungen die Nachfolge erfolgreich gestalten

Es sind nicht nur die zu unterschiedlichen Persönlichkeiten oder Geschwindigkeiten oder das nicht-Loslassen können des Unternehmers, die die Stabsübergabe allzu oft scheitern lassen. Auch mangelnde funktionale Kompetenz des Nachfolgers zählt nicht zu den Hauptursachen. Viel häufiger sind es die oben aufgeführten Fehleinschätzungen. Sie alle drehen sich um die heute mehr denn je zentralen Themen Führung, Kommunikation und gegenseitige Wertschätzung. Sie verdienen von beiden Seiten einen besonderen Fokus und eine intensive Auseinandersetzung.